Gedanken zur Monatslosung im Oktober 2024
von Christoph Fischle
„Die Güte des HERRn ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.“
(Klagelieder 3,22-23)
Wie schön, ermutigend, ja Kraft spendend diese Aussage doch ist! Wer so etwas sagt, muss mitten im Erfolg stehen, gesund sein, viele Freunde haben und sorglos leben.
Falsch gedacht. Haben Sie bemerkt, wie das Buch in der Bibel heißt, aus dem der Vers ist? Klagelieder. Klagelieder! Die Masse dieses Textes besteht aus Bitternis, Schwermut, Trauer, Unverständnis und Zorn. Man kann sich zu Recht fragen, warum sich ein Mensch immer noch mit Gott abgibt, wenn dieser Gott so viel Schlechtes zulässt und einen so viel leiden lässt? Gute Frage. Wichtige Frage.
Nein, nicht: Nächste Frage.
Warum gibt sich jemand mit Gott ab, der das Böse zulässt? Der Kriege nicht verhindert? Der die Krankheiten siegen lässt? Der Messerstechern nicht in den Arm fällt? Der oft genug ausgerechnet denjenigen so viel Beschwerliches zumutet, die ihm vertrauen?
Ein Blick in die Geschichte des Volkes Gottes macht deutlich, dass alle diese Fragen berechtigt sind. Die Menschen haben sie an eigenem Leib erfahren: Sie sind bekämpft, deportiert. Sie haben kein Zuhause, kein Gotteshaus. Was bleibt?
Das ist der Punkt: Was wäre, wenn sie jetzt auch noch Gott verlieren würden? Wenn Gott das Böse zulässt; heißt das denn, dass er selbst Böse geworden ist? Dass er keine Macht mehr hat? Dass er keine Möglichkeiten mehr kennt?
Ist Gott am Ende, nur weil sein Volk leidet? Ist Gott am Ende, nur weil sein Sohn am Kreuz stirbt? Ist Gott hilflos und klein, nur weil es in Ihrem und meinem Leben so ist, wie es nun mal ist?
Wer immer das Klagelied verfasst hat, eines ist sicher: Da hat jemand viel Schlimmes, ja, Entsetzliches erlebt. Da ist ein Mensch traumatisiert, verzweifelt, ohnmächtig und wehrlos. Er ist ausgeliefert, verletzt, invalide. Das berichtet diese Person in aller Ausführlichkeit.
Und schließlich kommt sie an den Punkt, an dem sie sich fragen muss: „Und jetzt? Nachdem ich meine Gesundheit, meine Heimat, mein Gotteshaus verloren habe — lasse ich jetzt auch noch meinen Gott los?“
Und dann sagt sie: „Du (Gott) wirst an mich denken; denn meine Seele sagt mir es. Das nehme ich mir zu Herzen. Darum hoffe ich noch.“ (Klagelieder 3,20-21) Und erst jetzt kommen unsere Verse weiter oben. Das gehört zusammen.
„Ich bin ja noch da.“, sagt sich der schreibende und um Glauben ringende Mensch. „Solange ich da bin, kann und will ich hoffen. Ja, ich vertraue weiter auf meinen Gott.“
Unser Heiland, Jesus, ist mit diesem Glauben gestorben. Und er ist wieder auferstanden. Heute schreibe ich Ihnen: Wo Jesus, der Christus, ist, da ist auch Hoffnung. Halten Sie an ihm fest.